von Christina Kaiser in Zusammenarbeit mit Liane Seitz
Als eine der ersten Food Bloggerinnen Österreichs ist Alexandra Palla Pionierin, Trendsetterin, Produktdesignerin und Meinungsbildnerin in Sachen Regionalität, Nachhaltigkeit & Qualität.
Im Podcast Champagne or Water von Liane Seitz, erzählt Alexandra über ihre Inspiration, Lebensweisheiten und über ihre manchmal optimistische, unkomplizierte Art zu Kochen.
"Ich war schon immer die Frau fürs Grobe!"
Wie kam es zum Titel deines Food Blogs, den du vor mittlerweile 13 Jahren gegründet hast?
Also, es war die Zeit der großen Blogs, als es noch kein Instagram gab, wo vielleicht Facebook noch in den Kinderschuhen gesteckt ist, aber sich quasi auszutauschen und vermitteln über neue Medien, über neue Möglichkeiten schon total wichtig war. Der Name meines Blogs ist ja Rough Cut Blog. Ursprünglich sperrig und schwer zu lesen und blöd auszusprechen, aber ich fand das irgendwie so passend zu dem Zeitpunkt, denn ich war schon immer die Frau fürs Grobe! Ich habe nie Mise En Place, habe nie so vorbereiteter Weise ein Essen geplant oder gekocht. Bei mir musste es immer ganz schnell gehen. Ich habe gerne Reste aus dem Kühlschrank verkocht. Ich habe gerne schnell und grob zusammen geschnippelt, die Zutaten scharf angebraten und war eben für dieses Essen zwischendurch zuständig.
Ich komme aus einer sehr alten Wiener Schinkenmacher Familie und meine Vorfahren, quasi Mütter, Großmütter, Großväter, egal ob männlich oder weiblich, waren immer sehr, sehr kulinarisch und haben alle immer gerne gekocht. Und in so einem kulinarischen Haushalt geht es dann natürlich nicht nur um Fleisch. Meine Großmutter mütterlicherseits kommt aus dem Weinviertel, da waren rundherum ganz viele Bauern und Winzer. Ich kann mich erinnern, dass ich schon als Kind immer ganz neugierig war und immer die war, die zuerst im Stall war oder interessiert war wie der Mais wächst. Also das Interesse kommt irgendwie schon ganz tief aus meiner Kindheit. Und jetzt, wenn ich heute in meine Küche gehe, denke ich sehr oft daran, welches Privileg es war, so aufzuwachsen und so viel an Möglichkeiten der Zubereitung in der Küche zu sehen.
Wie kam es dazu, dass du jetzt wirklich mit Kochen erfolgreich im Beruf geworden bist?
Ich war immer schon ein großer Fan von bissigen feministischen Kolumnen und ich dachte, mein Zugang ist eben nicht "kochen wie damals". Mein lockerer, humorvoller Zugang liegt mir da viel näher.
Ich habe ja beruflich nie gekocht. Ich habe eigentlich Mode & Design gelernt und war danach 20 Jahre in der Kommunikation tätig. Ich habe mich 1999 selbstständig gemacht mit einer Werbeagentur und habe eben diese kulinarische Ader, das Kochen, das Design oder irgendwie das Kreative immer so nebenher laufen lassen. Als meine beiden Kinder so in der Volksschule waren wurde es ein Thema: Was kocht man, was macht man schnell für die Kinder? Da habe ich irgendwie die Freude daran gesehen, an diesen schnellen, kleinen, lustigen Gerichten. Und habe die immer mit so einer kleinen Alltags Story im Rough Cut Blog festgehalten.
Woher nimmst du deine Kraft und Ausdauer, dein eigenes Unternehmen oder eigentlich deine vielen Projekte zu führen und eben so viele Dinge scheinbar easy unter einen Hut zu bekommen?
(lacht) Ehrlich gesagt, weiß ich es manchmal selber nicht, woher ich die Kraft nehme. Aber offensichtlich ist da so viel tief drin in mir und so viel angelegt, dass das irgendwie, je älter ich werde, immer mehr raus kommt und zutage kommt. Und ich habe das Glück in einem starken Familienverband zu leben. Ich habe gesunde Kinder, ich habe einen Mann, mit dem ich in einer sehr langen gefestigten Beziehung lebe. Also ich glaube, das ist eine sehr wichtige und gute Voraussetzung für mich. Und ich denke, dass in jedem von uns, in jeder Frau so viele Talente stecken. Man muss manchmal den Mut haben, vielleicht das eine oder andere auch auszuprobieren. Also zum Beispiel, meine Design Kollektion, die ist einfach passiert. Ich habe eines Tages für einen Fernsehauftritt gedacht, ich brauche ein Outfit, das mich unverwechselbar macht. Ich bin Fernsehköchin. Ich habe gern Materialien, Stoffe. Ich nehme einen Geschirrtuch Stoff zur Hand und nähe mir eine Tunika daraus. Und das war die Geburtsstunde von KITCHEN KOUTURE.
Dein erstes Produkt war aber das Schneidebrett, oder?
Das ist richtig. Der Name meines Food Blogs ist ja Rough Cut Blog. Und der hat damit begonnen, dass ich einfach gerne die Dinge lieber grob als fein zusammen schneide. So habe ich mir gedacht: "Was braucht es in der Küche als einziges Werkzeug?" Wenn man mal überlegt wie viele Küchengeräte man in der Küche oft stehen hat, die man nie braucht. In Wahrheit brauchst du ein scharfes Messer und ein gutes Schneidebrett. So bin ich dann auf zwei Designerinnen zugegangen und habe gefragt: Können wir nicht ein Schneidebrett machen, das mehrere Funktionen in sich vereint.
Du arbeitest ja mit vielen Traditionsbetrieben zusammen. Warum ist dir das so wichtig, dass hier die Qualität und die ganze Wertschöpfungskette eine Rolle spielt?
Ich finde es so extrem wichtig unseren Kindern Wurzeln zu geben, weil nur dann können wir sie ruhigen Gewissens hinausfliegen lassen in diese Welt und sie kommen dann immer wieder zurück. Ich finde, das trifft auch auf die Produkte zu und die Materialien, die uns in unserem Leben umgeben. Wenn wir uns unserer Wurzeln bewusst sind und wissen, welches Handwerk, welche Tradition wir in dem Land haben, wo wir herkommen, dann können wir daraus ganz Neues entwickeln, ohne diese Herkunft oder diese Tradition außer Acht zu lassen.
Meine Großmutter hatte ein kleines Kaufhaus, das war ein Paradies für uns Kinder. Sie hat uns natürlich immer zum Geburtstag Dinge aus ihrem Laden geschenkt. Das war immer ein Geschirrtuch oder ein Waschlappen mit einer Seife. Dadurch habe ich hunderte Geschirrtücher noch von meiner Großmutter und die Qualität ist so gut, die sind einfach nicht totzukriegen, ich verwende sie am Ende sogar noch als Putztücher.
Du hast ja erwachsene Töchter. Wie gehst du mit dem Thema Empowerment um. Und was gibst du deinen Töchtern mit? Wie sehen sie dich eigentlich?
Wir haben ein irrsinnig gutes Einvernehmen und wir haben wahnsinnig viel Spaß, meine Töchter und ich. Auch wenn ich die Ältere nicht so oft sehe wie die Jüngere. Aber sie sind mit mir quasi als Unternehmerin aufgewachsen. Sie haben gesehen, Mama hat ein Büro, sie hat ihre Zeiten, sie hat ihre Einsätze. Sie haben eigentlich von Kindheit an auch mich unterstützt. Ich habe sie auch immer eingeteilt, muss man ehrlich sagen, so als kleine Helferlein oder auch große Helferlein. Und dann haben sie gesehen, welches Selbstbewusstsein dir dein Beruf auch geben kann.
Es war immer ganz klar. Egal was du wirst, man muss mal eine ordentliche Ausbildung haben. Das ist mir sehr wichtig, dass man als Frau eine gute und solide Ausbildung hat, also auch einen Uniabschluss hat.
In der Generation deiner Töchter ist das Kochen auch für junge Männer selbstverständlich. Wie beobachtest du diese Veränderung?
Das ist ein guter Punkt, dass in der Jugend jetzt alle wieder kochen, weil Kochen ist ja jetzt nicht nur quasi versorgen und satt werden. Kochen ist ja auch ein sehr kreativer Ausdruck. Kochen ist ja auch irgendwo meditativ. Wir sind alle irgendwie so angestrengt und die Taktung all unserer Arbeit wird immer höher und größer.
Kochen holt dich wieder so auf den Boden, das erdet dich. Das ist auch so ein bisschen wie Montessori. Du wäscht Dinge, du putzt die Erde ab, du riechst sie, du siehst bunte Farben, du kannst deine Sinne beim Kochen irgendwie alle stimulieren.
Das ist so etwas, was uns irgendwie alle ein bisschen runter holt von diesem, von diesem Wahnsinns Tempo da draußen in dieser Welt. Und kochen ist also nicht nur so eine meditative Arbeit, sondern auch sehr kreativ. Ein Workout fürs Hirn und für die Hände. Man macht Arbeit so schön sichtbar. Das ist ja das, was vielen abgeht. In einer Zeit, wo wir alles digitalisieren, wollen wir wieder mit den Händen arbeiten und da ist Kochen eine wunderschöne und kreative und sinnvolle Arbeit und sie macht so viel Freude.
Eine Auswahl von Alexandras Rezepten findest du jeden Samstag bei uns auf Instagram @mygiulia_de
Was ist deine Meinung zum Thema Zeitaufwand versus Ergebnisse? Hast du vielleicht einen Tipp, wie man das effizient einkauft und trotzdem sehr achtsam mit den Rohstoffen umgeht?
Also ich sag immer, das optimale Essen braucht so lange in der Zubereitung wie es braucht gegessen zu werden. Also es ist ganz, ganz langes Kochen für zwei Minuten Essen der falsche Weg und es ist umgekehrt vielleicht auch der Fall ein Fertigmenü zu kaufen, es in die Mikrowelle zu schieben und es dann quasi länger zu essen, als es beim Aufwärmen braucht. Also da ist ein gutes Mittelmaß immer das Richtige.
Aber es ist ja auch eine Sache der Wertschätzung. Was tue ich mir Gutes? Bin ich gut zu mir? Bin ich gut zu den anderen? Das beginnt auch damit, womit ich mich "füttere" und meine Familie. Und da ist Gott sei Dank der ein Trend zu frischen, saisonalen, regionalen Zutaten. Ich glaube, man hat noch nie so viel über Obst und Gemüse gelesen oder wie mit Lebensmittel umgegangen wird, wie sie wachsen, welches Wasser sie verbrauchen, welche Transportwege es braucht, wie es verpackt wird. Man hat noch nie so viele Informationen über Lebensmittel bekommen und das hat natürlich schon mit dieser wahnsinnigen Industrialisierung der Lebensmittel zu tun, die in den letzten Jahrzehnten Jahren passiert ist. Früher gab es ja nur Bio, da gab es noch keine Saat, die in ganz Europa ausgestreut wurde und mit riesigen Mähdreschern von oben hinunter gemäht wurden.
Wir müssen im Kleinen anfangen und da geht zum Beispiel nichts drüber, als sich irgendwie wieder ein gescheites Schneidebrett zur Hand zu nehmen, ein bisschen an Gemüse zu schnippeln, sich eine gute Gemüsesuppe zu machen - da tun wir uns und der Umwelt einen guten Dienst.
Was hast das du im Laufe deiner Food Blog Karriere gelernt?
Wenn ich was gelernt habe, dann ist es das, nicht perfekt zu sein, weil es immer der bessere oder der authentische Weg ist. Persönlicher Ausdruck steht immer im Vordergrund. Man soll auf seinen eigenen Instinkt vertrauen, seinen eigenen Weg gehen und versuchen quasi mit sehr viel Persönlichkeit hier seinen Ausdruck zu finden.
Die Kombination aus einer optimistischen und sympathischen Präsentation aus einem mit Liebe gemachtem Gericht ist, glaube ich, immer noch die beste.
Ich bin auch von Grund auf ein positiver Mensch. Das hat mir in meinem Leben schon oft sehr, sehr geholfen und mich über viele Phasen hinweg gerettet. Und ich habe ganz zu Beginn der Corona Pandemie die "Alles wird gut Küche" ins Leben gerufen. Ich weiß schon, dass wir mit solchen positiven Appellen oft nicht immer recht haben, es wird nicht immer alles gut, aber man muss zumindest daran glauben.
Hast du ein Lieblingszitat oder Motto?
“Gescheit sein beim blöd sein.” Das hat jetzt gar nichts mit Essen zu tun, oder mit Lifestyle, oder Bloggen. Aber ich finde, das ist so lustig. Das war so ein Spruch in meiner Jugend, das kommt quasi aus meinem Freundeskreis und ich habe das irgendwie für mich so verinnerlicht und irgendwie mitgenommen. Ich sage es auch jedes Mal meinen Kindern, wenn sie fortgehen. Es ist die richtige Balance aus, irgendwie kein keinen Unfug zu machen und trotzdem irgendwie den Spaß im Leben nicht zu verlieren.
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Liane Seitz im Gespräch mit
Die Wienerin Alexandra Palla ist eine Pionierin im Bereich Kulinarik. Sie ist unter anderem Produkt-Designerin, Kochbuch-Autorin und Bloggerin des “rough Cut Blog”. Vieles entsteht bei Alexandra spontan, bei ihr wird lieber grob als fein geschnitten, es gibt viel saisonales Obst und Gemüse aber auch Reste werden gerne verarbeitet. Vor allem gibt es keine komplizierten Gerichte. Mit dem Gespür für das Besondere, der Liebe zu Traditionsunternehmen und Handwerk und dem Wissen als ausgebildete Modedesignerin gründete sie 2016 ihr eigenes Label Palla Vienna. Alexandra Palla erweitert damit ihre Palette von slow food um slow design & fashion.