Der Sommer ist die perfekte Zeit, um in ein gutes Buch einzutauchen und neue Welten zu entdecken. Bücher bilden und erweitern unsere Horizonte. Sie eröffnen uns neue Perspektiven, fördern kritisches Denken und inspirieren uns auch manchmal zu träumen. Jedes gelesene Buch ist ein Schritt in Richtung persönlicher und beruflicher Weiterentwicklung. Es ist eine Investition in unser Potenzial und unsere Zukunft. Wir teilen heute mit euch, was wir diesen Sommer lesen.
Christina | Herausgeberin
Als ich 18 war, habe ich Bücher verschlungen. Oft denkt mein heutiges Ich sehnsüchtig daran zurück, wie schön das war, stundenlang in eine Geschichte einzutauchen, nicht gestört zu werden und ein Buch in maximal zwei Tagen ausgelesen zu haben. Ich liebe es, wenn ich dranbleiben kann, weil die Geschichten so intensiv sind. Neulich fragte ich mich, warum ich es aber schon schaffe auf Netflix eine ganze neue Serie zu bingen, danach aber immer unglaublich erschöpft bin. Das Gefühl ein Buch abzulegen und auch mit etwas Stolz erfüllt zu sein, das habe ich nach dem Binge-Watching gar nicht, eher ein schlechtes Gewissen. Diesen Sommer starte ich einen Selbsttest und frage mich, ob eventuell die falsche Auswahl meiner Literatur im letzten Jahrzehnt dazu geführt hat, dass ich krampfhaft versucht habe, egal welches Buch fertig zu lesen. Ich kehre nun im Sommer 2024 zurück zu meinem 18-jährigen Ich und lese wieder meinen Lieblingsautor: Stefan Zweig. Ich habe seine Geschichten geliebt, die Atmosphäre, die er in seinen Romanen und Novellen aufbaut, seine Situationsbeschreibungen und die subtilen Spannungsbögen. Gewählt habe ich den Roman „Magellan”. Es ist eines der wenigen Werke Zweigs, das ich noch nicht kenne. Ich freue mich auf die Abenteuerlust des Weltentdeckers, der sich gegen das herrschende Weltbild der Zeit stellte und keine Grenzen akzeptieren wollte. Auf zu neuen Ufern!
Pamela | Chefredakteurin
Ich möchte mich im Sommer mit dem beschäftigen, was auf uns zukommt. Nicht nur mit dem, was auf mich persönlich zukommt oder zukommen könnte in den nächsten Jahren, sondern auch allgemein damit, wie die Menschheit, die sich inmitten von Stapelkrisen befindet, Antworten auf verschiedene Herausforderungen finden kann, sodass alle optimistisch nach vorne schauen können. Die deutsch-französische Politikwissenschafterin Florence Gaub ist eine meiner Lieblingsexpertinnen auf diesem Gebiet. Ich höre ihren Analysen seit Jahren in allen möglichen TV-Sendungen und Podcasts mit großer Aufmerksamkeit zu. „Wofür ist die Zukunft da?“, fragt sie in ihrem aktuellen Buch „Zukunft. Eine Bedienungsanleitung“. Sie schreibt: „Unsere Fähigkeit, uns verschiedene Zukünfte vorzustellen, ist unser einziges Instrument zum Umgang mit Ungewissheit. Indem wir Szenarien durchdenken, verringern wir die Ungewissheit, weil wir Möglichkeiten ausloten, über Wahrscheinlichkeiten nachdenken und Handlungsmöglichkeiten erkennen. Dies alles zusammen gibt uns ein Gefühl (oder die Illusion) von Kontrolle und Sicherheit. Und, was vielleicht das Wichtigste ist, es fällt uns damit leichter, Entscheidungen zu treffen.“ Ich glaube, es ist schon mal eine erste gute Entscheidung, dieses Buch zu lesen.
Katja | Lektorin
Buchhandlungen waren für mich immer schon absolute Entspannungsoasen. An kaum einem anderen Ort fährt mein Nervensystem so schnell runter wie beim Durchstöbern der Regale voller Bücher, die geduldig darauf warten, gefunden und gelesen zu werden. Ganz nach dem Motto „Judging a book by its cover” (hier im positiven Sinne) fiel mir auf einem dieser Streifzüge der Debütroman „Die Hungrige! (besserer Originaltitel: „Woman eating”) von Claire Kohda in die Hände. Claire Kohda, japanisch-britische Musikerin, die als Violinistin schon mit Bands wie Sigur Rós und The National gearbeitet hat, hat jetzt ihren ersten Roman geschrieben und – let me tell you – vielleicht auch gleich das in der jüngeren Vergangenheit arg gebeutelte Vampirgenre (I’m looking at you, Stephenie Meyer) neuinterpretiert. Ganz weit weg vom Twilight-Kitsch und Nosferatu-Staub erzählt Kohda die Geschichte von Lydia, die – halb Mensch, halb Vampir – versucht, im Kunstsetting des heutigen London einen Weg zum Überleben und sich selbst zu finden. Sommerlektüre gefunden, dachte ich zu dem Zeitpunkt und war mir noch nicht der Vielschichtigkeit der Geschichte bewusst, in der ernste Themen wie Einsamkeit, Essstörungen, Herkunft, body image oder sexueller Missbrauch ebenso leicht wie respektvoll von Kohda miterzählt werden. Eine Leseempfehlung, die tatsächlich Hunger auf mehr macht.
Antonia | Multimedia-Assistenz
Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich vor zwei Jahren während meines ersten Sommers in Wien „Alles Licht, das wir nicht sehen” von Anthony Doerr in der deutschen Übersetzung gelesen habe. Es wird für immer eine Erinnerung an einen der schönsten Sommer bleiben. Die Geschichte ist wunderschön geschrieben und spielt im Jahr 1944 während des Zweiten Weltkriegs in dem malerischen Küstenort Saint-Malo. Im Zentrum stehen Marie-Laure, die vor dem Krieg aus Paris fliehen musste, und Werner, ein deutscher Soldat, der über Umwege nach Saint-Malo gelangt, um eine illegale Radiostation aufzuspüren. Das Buch ist wunderschön konstruiert und ermöglicht uns durch Zeitsprünge, die Charaktere in ihrer Tiefe kennenzulernen, und zu verstehen, warum sie trotz der Entfernung immer miteinander verbunden sind. Die Geschichte ist zugleich traurig und schön. Trotz der Schwere des Themas und der Zeit, in der die Handlung spielt, liest sich das Buch mit einer gewissen Leichtigkeit, was zu großen Teilen an dem einfühlsamen, bildhaften Schreibstil Doerrs liegt. Das Buch auf Englisch zu lesen steht auf meiner Liste für diesen Sommer.
Ein kleiner Tipp: Die kürzlich erschienene Netflix-Serie, die auf dem Buch basiert, erreicht leider nicht die Tiefe und Schönheit der Vorlage. Wenn überhaupt, schaut sie erst, nachdem ihr das Buch gelesen habt.
Christine | Herausgeberin
Stimmungsaufheller. Was passiert, wenn man sich mit einer sehr wachen und kritischen Freundin – wir beide Generation X – zusammensetzt und kurz die aktuelle weltpolitische Lage bespricht? Erstens folgendes Resümee: Wir hatten rückblickend als junge Frauen in unserer Generation das Privileg, mitten in Europa in großer Freiheit und mit sehr viel Hoffnung für eine bessere Zukunft aufzuwachsen, wir hatten Cernobyl unbeschadet überstanden, das Ende des atomaren Wettrüstens und den Fall der Berliner Mauer gesehen. Wie leicht gewöhnt man sich an so ein Privileg und hält es für selbstverständlich. Zweitens – für mich ganz persönlich immer eine Option: Bei allem Ernst angesichts der aktuellen weltpolitischen Lage ganz persönlich nicht den Sinn für Humor verlieren. Ich hole dieser Tag daher einen alten Freund aus dem Buchregal, unzählige Male gelesen (siehe Foto) und für mich der garantierte Stimmungsaufheller inklusive der Antwort auf die Frage nach dem ultimativen Sinn des Lebens, des Universums und einfach allem. Douglas Adams‘ „The Hitchhikers Guide to the Galaxy”! Die Antwort ist 42. Neugierig? Dann geht mit Arthur Dent auf die Reise in die unendlichen Weiten des Universums, nachdem die Außerirdischen die Erde für den Bau einer hypergalaktischen Umgehungsstraße abgerissen haben. Und lernt seinen Freund Ford Prefect kennen, der als Journalist für die Redaktion des intergalaktischen Reiseführers „Per Anhalter durch die Galaxis“ arbeitet. Auf dessen Titelseite steht als Gebrauchsanweisung übrigens „Don’t panic“. Eine auf jeden Fall sehr nützliche Grundeinstellung, von der der Drehbuch-Co-Autor für Stanley Kubricks Meisterwerk „2001: A Space Odyssey“ Sir Arthur C. Clarke meinte, das sei möglicherweise der beste Rat, den Douglas Adams der Menschheit geben konnte.
Damit schöne Ferien und an alle (Weltraum-)Reisenden: Don´t forget your towel!
Schnappt euch ein Buch und genießt die Sommersonne!
Eure myGiulia Redaktion
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