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Optimismus - die erneuerbare Energie der Zukunft

von Lisa Reinisch

Willkommen in der Welt der nachhaltigen Investmentfonds! Dieser schnell wachsende Bereich der Börsenlandschaft wird in den kommenden Jahren eine essentielle Rolle im Kampf gegen die Klimakrise spielen. Denn Greta Thunberg hin und Gletschersterben her, ohne Banker, Anwälte und Manager, die sich auf neue Geschäftsfelder einlassen, lässt sich aus ökologischen Idealen nur viel zu langsam eine CO2-neutrale Realität machen.

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Die Internationale Agentur für erneuerbare Energien (IRENA) schätzt, dass die globalen Investitionen in erneuerbare Energien bis 2050 an die 27 Billionen US-Dollar erreichen müssen, “um die Welt mit den Zielen des Pariser Abkommens in Einklang zu bringen.” Kein Wunder also, dass immer mehr Investoren das grosse Geschäft mit der Rettung der Welt wittern. Der “Business Case” für nachhaltige Investitionen war noch nie eindeutiger, der öffentliche Druck noch nie stärker, die Herausforderungen noch nie höher.


Onsu Wegner gehört zu den Menschen in der Finanzbranche, die den Kapitalismus zum Tool der Ökologisierung umfunktionieren. Als Vorstandsmitglied des Gore Street Fund, einer der ersten europäischen Finanzierungsfonds, der speziell in Batterietechnologien investiert, trägt Wegner dazu bei, die globalen Emissionen Richtung Netto Null zu trimmen – und zwar gewinnbringend. Seit 2018 hat ihr Fonds ein Anlageportfolio im Wert von über 88 Millionen Euro aufgebaut. Konkret geht es um Investitionen in vielversprechende neue Energiespeichertechnologien, die für nationale Stromnetze, die immer sauberer werden, immer wichtiger werden.


Diese Aufgabe wurde ihr nicht in die Wiege gelegt, sie kam über vielerlei Umwege dazu. Die in Lagos geborene Juristin und Managerin zog lange Zeit als moderne Nomadin durch die Welt: sie hatte bereits Adressen in Nigeria, der Schweiz, Thailand, den USA und Italien. Dazwischen lebte sie immer wieder in Grossbritannien, wo sie heute (wieder) Zuhause ist. Sie spricht vier Sprachen, besitzt eine scharfe Beobachtungsgabe und einen ebenso scharfen Sinn für Humor.


Wir sprachen mit Onsu Wegner über Ihren persönlichen Werdegang und ihre Meinung zu Themen wie Gleichberechtigung in der Finanzwelt, nachhaltige Anlagestrategien und der Zukunft von Kryptowährungen.


Onsu Wegner

Beginnen wir mit deinem persönlichen Hintergrund: Wo wurdest du geboren? Wo hast du studiert?


Ich wurde in Lagos, Nigeria geboren. Ich ging im Norden zur Schule, in einer Stadt namens Jos, ein sehr schöner Ort, als ich aufwuchs. Wir haben am Wochenende Safaris gemacht, oder in den heißen Quellen rumgehangen. Ich sage das alles, weil Jos sich derzeit von viel Gewalt erholt und die Leute Angst haben, überhaupt dorthin zu fahren. Das ist eine Erinnerung, die ich habe, aber diese Welt existiert nicht mehr. Ich studierte in einer Kleinstadt in der Schweiz, namens Lugano, und machte weitere zwei Hochschulabschlüsse in Amerika, zuerst an der juristischen Fakultät der University of Virginia und dann an der Stanford Business School.


Warum hast du dich für ein Jurastudium entschieden?


Von zehn bis ins frühen Teenageralter, bekam ich immer Tränen in den Augen und konnte mich nicht ausdrücken, sobald ich wütend war. Und ich erinnere mich, dass ich mir damals geschworen habe, zu lernen, mich klar genug auszudrücken und eloquent genug zu sein, damit ich auch wenn ich sehr wütend bin, noch gut und klar kommunizieren kann. In meiner Bewerbung für das Jurastudium stand so etwas wie, „Ich will intelligent und logisch sprechen und denken“. Anfangs war es also die Fähigkeiten eines Anwalts, die ich attraktiv fand, und nicht das Berufsfeld an sich.


Wie bist du in die Finanzbranche eingestiegen und warum hast du dich auf erneuerbare Energien spezialisiert?


Als Anwältin habe ich von Anfang an immer Transaktionsrecht betrieben. Als Praktikantin war eine meiner ersten Transaktionen im Energiebereich: Ein sehr großes US-Unternehmen verklagte ein Land im Nahen Osten wegen eines fehlgeschlagenen Energiegeschäfts. Das fand ich faszinierend. Ich komme aus einem Land, in dem wir viel Gas und Öl haben, aber keinen Strom. Diese Dichotomie hat mich interessiert und ich habe immer in diesem Bereich gearbeitet.


Erst in diesem Job habe ich mich auf erneuerbare Energien spezialisiert. Ich wähle meine Jobs danach aus, ob die Arbeit für mich von Bedeutung ist und ob die Menschen um mich herum die Art Menschen sind, mit denen ich arbeiten kann – freundlich, nachdenklich. Und so bin ich zu den erneuerbaren Energien gekommen.


Wie siehst du die Rolle von Frauen in deinem Arbeitsumfeld? Ich nehme an, es ist heutzutage nicht mehr wie bei “The Wolf of Wall Street”, aber gibt es inzwischen mehr Gleichberechtigung?


Ich bin wirklich glücklich, dass die Vorgesetzten meines ersten Jobs zwei Frauen waren. Sie waren die einzigen Partnerinnen in der Anwaltskanzlei und ich habe für beide gearbeitet. Für mich war es also sehr früh normal, dass Frauen an der Spitze sein können. Weisst du, es fällt mir jetzt in diesem Moment auf, dass das das einzige Mal war, dass ich jemals für Frauen gearbeitet habe!


Ich denke, es ist überall das Gleiche: Es gibt überwiegend Männer und überwiegend weiße Männer in Führungspositionen. Ich arbeite im Westen, hauptsächlich in Amerika und Europa, also sind es weiße Männer. Wenn ich in Japan arbeiten würde, wären es asiatische Männer. In Nigeria wären es afrikanische.


Was ich für mich herausgefunden habe ist, dass sich die Leute vor allem dann professionell verhalten, wenn es um eine laufende Geschäftsbeziehung geht. Wenn es eine einmalige Transaktion ist, können sie komplette Idioten sein. Es hängt also von der Art der Transaktion ab, an der man arbeitet.

In meinem jetzigen Job sind wir die Investoren. Wir kaufen Batteriespeicherlösungen im Frühstadium von Entwicklern und bauen sie dann auf. Bei den meisten Entwicklern, die bei uns reinkommen, wird es zur laufenden Geschäftsbeziehung – wenn sie gut sind zumindest.


Egal wie unhöflich Leute am Anfang mir gegenüber sind, innerhalb der ersten Stunde, nachdem sie mit mir gesprochen haben, klickt es im Gehirn: "Oh mein Gott, ich muss mich immer wieder mit dieser Frau auseinandersetzen!" Dann werden sie wieder professionell. Die meisten Menschen sind relativ vernünftig, am Ende gewinnt immer die Vernunft.


Hast du Techniken, die du in Situationen anwendest, in denen du das Gefühl hast, dass jemand dich nicht so ernst nimmt, wie es eigentlich angebracht wäre?


Es gibt eine Stanford-Professorin, Deborah Gruenfeld, die das Buch „Acting With Power“ geschrieben hat. Ich habe einen Kurs bei ihr gemacht und ich verehre sie absolut. Zu Beginn des Kurses sagte sie so etwas wie: "Gib nicht vor, ein Mann zu sein. Nutze deine weiblichen Stärken." Und ich dachte, wovon redest du, bitte schön? Soll ich etwa flirten? Aber am Ende meiner Zeit mit ihr verstand ich, was sie meinte.


Manchmal haben Frauen, insbesondere jüngere Frauen, das Gefühl, "Ich kann keinen Ärger zeigen" oder "Ich kann mich nicht aufregen" oder vielleicht auch "Ich kann nicht weinen".


Aber für Deborah Gruenfeld ist alles, was du fühlst, ein Werkzeug, um dorthin zu gelangen, wo du hin willst. Gib also nicht vor, männlich zu sein. Gib nicht vor, sechs Fuß groß zu sein. Nutze, was du hast und konzentriere dich auf das, was du erreichen möchtest. Für mich hat sie absolut recht. Also ja: "Acting With Power", das ist mein Vorschlag, lies das!

Ich kann mich nicht erinnern, ob Gruenfeld oder jemand anderes das gesagt hat: “Sometimes you act low, sometimes you act high.” Wenn du dich also mit einem Mobber auseinandersetzen musst, ist es manchmal effektiv, ihn zu beruhigen. In anderen Fällen ist es effektiver, "Pow!" zu machen - verbal natürlich, nicht physisch! Aber es hängt davon ab, was du erreichen willst.


Prognosen sind eine knifflige Angelegenheit, aber trotzdem: Bis wann können wir deiner Meinung nach Netto-Null CO2 Emissionen erreichen?


Oh, ich habe doch keine Ahnung! [Lacht] Ich denke, es ist rein politisch, oder? Einige Länder werden früher dort sein als andere. Irland plant, in den nächsten drei bis vier Jahren dorthin zu gelangen. Das ist schon sehr aggressiv. Inzwischen droht Nigeria, zum ersten Mal mit Kohle Energie zu produzieren... Als Planet habe ich keine Ahnung, wann wir dort ankommen werden.


Allerdings denke ich, der politische Wille ist jetzt größer als noch vor einem Jahr. Das Interesse und der Appetit der Anleger in diesem Bereich sind enorm. Es entsteht derzeit eine Blase bei den erneuerbaren Energien, die zum Teil auf Covid und zum Teil auf die offensichtlichen Auswirkungen unseres Verhaltens auf Klima und Umwelt zurückzuführen ist. Ich denke, Regierungen müssen handeln, denn individuelles Handeln wird nicht ausreichen, ebenso wenig wie der Markt selbst.


Was ist deine Meinung zur Rolle von Krypto und Blockchain in den erneuerbaren Energien?


Das einzige Mal, dass ich tatsächlich einen Business-Case-Einsatz von Krypto gesehen habe, war im Einzelhandelsbereich, wo Haushalte in einem lokalen Mini-Grid-System ihren überschüssigen Strom handeln konnten. So etwas ist natürlich brillant. Aber außerhalb dieses Kontextes habe ich noch keine Anwendung gesehen.


Werden Kryptowährungen bald Teil der regulären Finanzlandschaft werden?


Jetzt wollte ich gerade etwas wirklich drastisches sagen: Nur wenn Regierungen versagen.

Der Anwalt in mir sagt, dass das von der Regierung abhängen wird. Wenn die Regierung damit zufrieden ist, könnte Krypto möglicherweise Währungen ersetzen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Regierung die Macht an ein anonymes Ethernet abgeben wird. Es wäre ungewöhnlich, aber wenn es genug Instabilität gäbe, wäre es wohl möglich.


Für mich ist der Austausch von Infrastruktur, in diesem Fall also der Finanzinfrastruktur, immer ein großes Risiko. Ich komme aus einem ziemlich anarchischen Land. Wenn es also ein stabiles System gibt, sollte man sich um jeden Preis daran klammern und es nicht wegwerfen.

Klar, es gibt Korruption, es gibt alle möglichen Probleme, aber man wirft das System nicht weg, man verbessert es. Anarchie ist keine leichte Sache. Sie führt nicht zur Verbesserung der Lebensqualität, oder der Umwelt, oder der Ehrlichkeit des Durchschnittsmenschen. Nein, es ist einfach chaotisch.


Hast du Tipps für Einsteiger und für diejenigen, die ihr Portfolio gern erweitern möchten?


Ich werde dir sagen, was ich einer Freundin von mir erzählt habe: Ich sagte, investiere die ganze Energie, die du aufwenden würdest, drei oder vier Investitionsmöglichkeiten zu finden, in die Suche nach einem wirklich guten, vertrauenswürdigen Finanzmanager. Das System ist nicht manipuliert, aber es gibt eben immer nur eine kleine Gruppe von Personen, die Bescheid weiss. Erst wenn längst alles unter Dach und Fach ist finden es alle anderen heraus. Willst du wirklich damit konkurrieren? Das ist viel zu schwer! Also ich würde sagen, finde jemanden, der das Ganze für seinen Lebensunterhalt tut.


Außerdem würde ich noch sagen, lege das Geld an und lasse es dann liegen. Sicher, schau hin und wieder mal rein, aber gerate nicht in Panik und nimm es verfrüht heraus. Ich bin zwar noch nicht 90 Jahre alt, aber selbst in meinem Leben habe ich so viele Zyklen gesehen: Mal ist der Markt im Aufwind, mal ist er im Abwärtstrend, mal stürzt er ab, mal ist es das Ende der Welt, aber dann ist es ja meistens doch nicht so.

In welchen Technologien siehst du die Zukunft der erneuerbaren Energien?


Viele Leute reden über Wasserstoff-Brennstoffzellen, die sind sauber und hocheffizient. Ich finde Ansätze spannend, die Kunststoffe im Alltag durch Dinge ersetzen, die wie Plastik wirken, aber tatsächlich auf pflanzlichen Stoffen basieren. Wenn Plastik aus dem Alltag verschwindet, ist das ein Zeichen dafür, dass wir wirklich grün werden.


Gibt es etwas, das du an deinem Job nicht so magst?


Was mir nicht so gut gefällt, ist die Unbeständigkeit. Ich mag eine Sache im Frühstadium. Sobald ein Business schnell wächst, verliert es für mich seine Magie. Es ist, als würde dein Baby älter und braucht dich nicht mehr. Dann ist es Zeit, loszulassen und ein anderes Projekt zu finden.


 

Unsere Expertin


Onsu Wegner

Onsu Wegner has almost two decades experience in energy transactions in the Americas, Europe, Asia and Africa. She currently is COO and GC at Gore Capital a renewable energy Investment Fund. Onsu led growth of Nigeria’s first indigenously-run hydrocarbon E&P until exit at 8X multiple. Previously an energy lawyer at McDermott Will & Emery and prior to that, at White&Case. Currently also leads TREC, a flared gas-to-power initiative in Nigeria. She holds a Management Masters degree from Stanford University and a Juris Doctor from the University of Virginia.



 

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