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Faszination Mode | Frustration Fast Fashion

TEXT: CHRISTINA KAISER


Nachhaltigkeit in der Modebranche ist nicht länger ausschließlich ein Schlagwort oder Deckmantel für Greenwashing. Es gibt tatsächlich immer mehr Modemarken, die sich mit nachhaltigkeitsrelevanten Begriffen wie „nachhaltige Mode“, „langsame Mode“, „ethische Mode“, „recycelt“ und „vegan“ auseinandersetzen.

Gerade deshalb ist es ernüchternd, dass die meisten Frauen immer noch in erster Linie auf das Aussehen der Kleidung und den Preis achten. Europa ist zwar der Kontinent mit den meisten Suchanfragen nach nachhaltiger Mode, die Fast Fashion Industrie berichtet jedoch immer noch von jährlichem 30-40% Umsatzwachstum.


Lena-Nussbaum-Interview-myGiulia

Lena Nussbaum ist Designerin und Gründerin des Modelabels YES MY LOVE. Ihre Mission ist es, ein Statement gegen Fast Fashion zu setzen, denn ihrer Meinung nach muss Mode heutzutage anders gedacht und gemacht werden.



Wie würdest du deine Marke YES MY LOVE beschreiben? Welche Frauen verbindest du damit?


Bei YES MY LOVE sollte immer alles zeitlos sein, sowohl stilistisch als auch qualitativ. Es soll alles miteinander kombinierbar sein. Unser Design ist etwas, was du für die Ewigkeit hast.

Das heißt, es muss Topqualität haben. Kurz gesagt, ich designe hochwertige, zeitlose Mode und Accessoires für die internationale, junge bis reife Frau. YES MY LOVE muss keine Marke sein, die jeder kennt. Gerade das findet unsere Kundin auch spannend, eine neue Marke zu entdecken, wir sind ein Geheimtipp sozusagen.


Deine ersten Designs hast du ja für dich selbst designt. Funktioniert YES MY LOVE schon auch ein bisschen nach dem Vorbild, was Lena mag und trägt?


YES MY LOVE ist mein Stil. Ich möchte nur das wirklich rausbringen, was ich auch trage, also wo ich wirklich 100 % dahinter stehe.

Immer wieder haben mich Freundinnen gefragt: “Wo hast du das her? Darf ich das nachkaufen?” Ich habe das immer als großes Kompliment gesehen, denn ich finde es toll, wenn ich so etwas weitergeben kann.



Was kannst du besonders gut?


Ich kann wirklich super Styles zusammenstellen und ich habe ein gutes Gespür dafür, was Frauen haben wollen. Ich glaube, viele haben ein Problem damit zu kombinieren und ihre Kleidung cool zu stylen. Mir geht das ganz einfach von der Hand, ich muss da gar nicht wirklich nachdenken.



Woher kommt das?


Keine Ahnung. Ich glaube, das war immer schon so. Meine Mutter hat mir erzählt, dass bei mir Kleidung immer schon zusammenpassen musste. Ich bin gerne kreativ und liebe es, in meine eigene Welt einzutauchen. Dafür brauche ich auch meine Zeit und bin auch gerne lange allein im Showroom abends. Kreative sind ja oft abends kreativ. Das ist bei mir auch so. Auch an der Uni habe ich immer abends bis tief in die Nacht meine Hausarbeiten gemacht. Ich benötige auch wirklich eine regelmäßige Me-time, gehe auch gerne mal allein in Urlaub, oder nehme mir mal so zwei, drei Tage nur für mich, weil ich so gerne in meine kreative Welt abtauche.


Was ich auch besonders gut kann, und mir als Unternehmerin sehr nützlich ist, ist es, mir Deadlines zu setzen und diese auch einzuhalten. Ich sehe manchmal, dass kreative Köpfe oft zu sehr ihren Ideen verhaftet bleiben und weil sie zu perfektionistisch sind, dann nichts umsetzen. Ich glaube, dass ich eine gewisse Willenskraft besitze loszulegen, zu starten, zu machen, etwas Eigenes zu kreieren.



Wie sehr hilft dir deine Leidenschaft für das, was du tust?


Mode ist meine absolute Leidenschaft!

Und das ist so wichtig für mich, weil es nie nur nach oben geht. Ich würde jetzt lügen, wenn ich sagen würde: ”Oh, es ist alles toll, Jeden Tag ist alles super!” Ist es natürlich nicht. Aber so kann ich diese Tage dann auch ertragen, glaube ich. Im Vordergrund steht bei mir immer die Sache und wie ich andere damit begeistern kann, nicht so sehr der monetäre Erfolg.

Das direkte Feedback zum Beispiel aus meinen Pop-ups, lässt manchmal richtig mein Herz aufgehen. Ich bekomme eine Gänsehaut, wenn dann eine Kundin den Laden betritt und mir berichtet, sie sei 200 Kilometer gefahren, um die Lena Boots anzuprobieren und um mich zu treffen. Das ist ein super schönes Gefühl und ehrt mich wirklich.


Man sollte nicht immer nur diese monetären Erfolgskriterien haben. Zum Beispiel letztes Jahr habe ich ein paar Sachen ausprobiert und manches war wirtschaftlich gesehen dann nicht optimal. Dann sage ich mir: “Ok, Lena, es war wunderschön, aber leider können wir es so nicht mehr machen.“


Lena-Nussbaum-Designerin-myGiulia


Wie funktioniert der Produktionsprozess für ein kleines Modelabel?


Das Mode-Business ist nicht einfach und man braucht viel Kapital, weil man oft Kollektionen vorfinanzieren muss. Wenn dann später keiner oder zu wenige es kaufen, hat man das Problem, dass das Lager voll mit diesen Sachen ist. Ich habe Glück, dass ich schon lange in der Modebranche tätig bin und auch schon für andere Unternehmen produziert habe. So kannte ich schon einige Produktionen und die Abläufe.

Dazu gehört, dass es sehr schwierig ist, die perfekte Passform zu finden zum Beispiel für Blazer, Hosen oder Kleider. Jeder Körper ist ja anders und wenn man nur einen Onlineshop hat, dann hat man auch das Risiko einer hohen Retourenquote. Also, alles in allem muss man gut überlegen, welche Produkte man verkaufen will und kann.



Was begeistert dich an der Modewelt und was frustriert dich?


Ich finde, es macht Spaß, dass man über Mode und Styling mit der Persönlichkeit spielen kann. Also, wenn jemand zu mir kommt und sie sieht super sportlich aus, kann ich sie auch anders stylen. Auf einmal steht dann eine mega Diva vor mir. Mode drückt auch immer etwas aus, denn es gibt immer einen Grund, warum man sich für ein Outfit entscheidet.


Was mich frustriert, ist Fast Fashion und, dass viele den ganzen Prozess und unsere Arbeit dahinter nicht verstehen. Ich bin nicht Zara, ich bin nicht H&M, die ganz anders auf den Markt reagieren können.


Die Retouren im Onlinebusiness sind leider oft sehr hoch und manchmal gibt es wenig Verständnis von Seiten der Kunden. Die Feinfühligkeit und Wertschätzung gegenüber Kleidung ist durch Fast Fashion verloren gegangen. Die meisten haben vergessen, dass da Personen dahinter stecken, die mit Leidenschaft und Herzblut etwas kreiert haben.


Ich glaube, dass es viele Leute gibt, die gar nicht mehr mit dem Bewusstsein aufwachsen, dass es auch wirklich qualitativ hochwertige Dinge gibt.

Ich habe letztes Jahr eine komplett nachhaltige Lederkollektion herausgebracht mit hochwertigem sowie auch zertifiziertem Leder.


Wenn ein Lederschuh unter 100€ kostet, ist es sehr wahrscheinlich, dass er in Asien produziert wurde. Leder aus Asien ist sehr oft chemisch mit Chrom und anderen Chemikalien behandelt.


Was mich auch stört ist, wenn Brands ihre Sachen als vegan deklarieren und sie sind dann aus Plastik, das macht mich wahnsinnig. Selbst wenn es recyceltes Nylon oder recyceltes Polyester ist, sollte man überlegen, wie nachhaltig der Recyclingprozess ist.


Ich habe oft Diskussionen darüber, warum ich Lederware mache. Ich bin ja selbst Veganerin. Meine Meinung dazu ist: Solange wir Menschen Fleisch essen, macht es Sinn, das Leder, welches eigentlich ein Abfallprodukt der Fleischindustrie ist, zu nutzen. Ich finde es schlimmer, wenn die Haut dann weggeschmissen wird, anstatt dass wir noch etwas Schönes damit machen.

Sollte es passieren, dass wir irgendwann weniger Hautabfälle haben von den geschlachteten Tieren, dann könnte man langsam umdenken und sagen “Okay, jetzt können wir vielleicht vegane Alternativen suchen!” Aber dann bitte nur kein Plastik. Es gibt mittlerweile auch schon andere, alternative Materialien, die aber leider noch viel zu teuer sind.



 

Information zur Auswahl unserer Interviewpartner*innen


Wir lieben es, Frauen medial sichtbar zu machen und wählen unsere Interviewpartner*innen immer aus Überzeugung, unabhängig und in Absprache mit unseren Journalistinnen aus. Unsere Interviews und Artikel sind niemals bezahlt, keine der Marken hat uns dazu beauftragt.

 

Mehr von Lena


Lerne Lena im “Business Podcast für Marken & ihre Macherinnen” von Sibel Brozat näher kennen. Dort spricht sie darüber, warum sie sich als erstes Modelabel für Crowdfunding 3.0 entschieden hat, wie sie ihren eigenen Metaverse Avatar findet und teilt ihre Learnings aus dem Modebusiness.





Sibel Brozat ist diplomierte Bankbetriebswirtin und hat sich nach ihrer ca. 20jährigen Karriere als Finanzierungsexpertin zur Expertin im Aufbau von Marken im Fashion- und Lifestyle-Segment weiterentwickelt.


Sibel hat das Netzwerk Women in Fashion Germany aufgebaut. Women in Fashion Germany ist die Bühne für Marken und ihre Macher*innen und schafft einen vertrauensvollen Rahmen für alle, die ihre Erfahrungen teilen möchten.






 


Im Gespräch mit:


Lena Nussbaum hat Mode an der Akademie für Mode und Design in Düsseldorf studiert und war Social Media Managerin bei Home 24 bevor sie 2016 das Label YES MY LOVE startete.


Mit YES MY LOVE kreiert Lena hochwertige und nachhaltige Mode mit einem Touch von Rock’n Roll. Sie produziert Basics und Lederwaren, Schuhe und Taschen, hauptsächlich in Portugal und die Lederwaren nachhaltig in der Toskana.


Die innovativ-denkende Designerin bietet unter anderem als erstes Modelabel in Deutschland, einen Security Token Offering an. Als eine der ersten Frauen in Deutschland geht sie diesen Schritt. Sie gibt damit ihrer Community und jeder die/der Interesse hat, die Möglichkeit mittelbar in YES MY LOVE zu investieren. Eine Art modernes Crowd Fundraising.





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