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Willkommen im Hormonkarussell!

TEXT & INTERVIEWS: VIKTÓRIA KERY-ERDÉLYI


Pubertät, Kinder kriegen und Wechseljahre: Ist denn nie eine Ruh‘? Nein, aber die zweite Lebenshälfte birgt trotzdem mehr Spaß als gedacht. Ein Destillat an wertvollen Tipps und Erfahrungsberichten.


Collage Frau im Blumenfeld bei Sonnenaufgang I Hormone und Wechseljahre I myGiulia


Es war vielleicht eine der schrägsten Reaktionen auf ihre App. Fast schon zum Schmunzeln, aber viel mehr ärgerlich. Die Oberösterreicherin Lucia Vilsecker und die Berlinerin Philippa Zorn launchten im Frühjahr ihr akribisch entwickeltes Tool: Hermone soll menstruierende Personen dabei unterstützen, die Zusammenhänge zwischen ihren Zyklusphasen und ihrem körperlichen und seelischen Wohlbefinden zu verstehen. Auf ihrem Weg zum Durchbruch erntet das Duo viel Applaus und ab und an Skepsis. Jetzt kommt’s: „Einer meinte, unsere App sei ein Nischenprodukt“, lacht Lucia Vilsecker. „Wir sprechen von 50 Prozent der Bevölkerung, ob das jetzt eine Nische ist?!“



Foto Lucia Vilsecker und Philippa Zorn I Hermone I Frauengesundheit I Wechseljahre und Hormone I Foto von © Hermone/ MartinaTrepczyk I myGiulia
Hermone / Lucia Vilsecker & Philippa Zorn © Hermone/ MartinaTrepczyk

Unbekanntes Terrain Hormone


„Im Schnitt sprechen mich acht von zehn Frauen in jeder Lebensphase auf das Thema Hormone an oder klagen über Beschwerden, die damit zu tun haben: von der Menstruation über den Kinderwunsch bis hin zu den Wechseljahren“, sagt Dr. Ingrid Eysn. Die Allgemeinmedizinerin absolvierte eine Vielzahl an Zusatzausbildungen, verknüpft traditionelle europäische, chinesische und ayurvedische Medizin und arbeitet im „Mayrlife“ Medical Health Resort in Altaussee. „Für die meisten sind Hormone ein unbekanntes Terrain, selbst viele Ärzt*innen scheuen dieses Thema.“


Diese Erfahrung musste auch Corinna Juranek – auf Insta als @mrsimperfection bekannt – machen. Die Wienerin ist Co-Gründerin von Farm.now, Ernährungscoach, Fitnesstrainerin – und Model. Mit einer langen Liste an belastenden Beschwerden in den Wechseljahren hatte sie sich an eine Gynäkologin gewandt; sie hoffte auf Linderung durch eine Hormontherapie. Doch davon hielt die Ärztin nichts, sie verwies sie an Kolleg*innen mit der vorwurfsvollen Erklärung, eine solche Behandlung sei „heuchlerisch“. „Wie kann man ein so wichtiges Thema so unempathisch angehen?“, ärgert sich Corinna.



Portrait von Corinna Juranek im weißen Blazer I Model, Ernährungs- und Fitnesscoach I Co-Founder Farm.now I Foto von Michael Dürr I Wechseljahre I myGiulia
Corinna Juranek, Model, Ernährungs- und Fitnesscoach, Co-Founder Farm.now / © Michael Dürr

„Ich war erst 39, als meine Tage plötzlich ausblieben“, erzählt die deutsche „50+ Sinnfluencerin“ Nadine Miree alias @blondbynana; aktuell zählt ihr Insta-Kanal rund 150.000 Follower. Sie ging zum Gynäkologen, eine Woche später bekam sie einen Anruf mit den Ergebnissen ihrer Blutuntersuchung. „Er hat einfach gesagt: Das sind die Wechseljahre – mit 39! Für mich ist eine Welt zusammengebrochen, aber er ließ das einfach so stehen.“



Foto von Nadine Miree in lila Glamour-Outfit I Nana Influencerin I Hormone und Wechseljahre I Foto von Anastasia Kapluggin I myGiulia
Nadine „Nana” Miree alias „50+ Sinnfluencerin” @blondbynana / © Anastasia Kapluggin

Wenn Social Media zu einem guten, neuen Leben beiträgt


Nadine bzw. Nana Miree ist quasi ein Social-Media-Feuerwerk aus Deutschland – und fest entschlossen, das Thema Wechseljahre zu enttabuisieren. Seit mit 39 ihre Tage plötzlich ausblieben, macht sie eine Hormonersatztherapie. „Ich hatte anfangs viel Halbwissen im Kopf und Angst, ich könnte Krebs davon bekommen. Ich habe es sogar eine Zeit lang abgesetzt – aber ich kam ohne gar nicht zurecht. Heute weiß ich, dass ich mit den Hormonen super eingestellt bin“, sagt sie. Schlimm waren die Stimmungsschwankungen, die sie erst im Nachhinein zuordnen konnte. „Ich war überfordert und gereizt. Mein Neunjähriger hat damals zu mir gesagt: ,Mama, du bist nur am Schreien.‘ Ich hatte damals überhaupt nicht an die Hormone gedacht“, erinnert sie sich. „Wir sind nicht damit groß geworden, dass wir darauf achten. Umso mehr müssen wir jetzt die Arbeit leisten und darüber reden, damit die heranwachsende Generation darauf sensibilisiert ist.“

Zuletzt stellte Nana auch ihre Ernährung komplett um. „Das muss sein, mein Stoffwechsel ist im Keller.“ Sie macht Intervallfasten und isst ketogen: „Ich hole meine Energie aus fetthaltiger, geschmackvoller Nahrung und verzichte auf Kohlenhydrate.“


„Ich möchte nicht einen Tag jünger sein, aber ich will mich wohlfühlen“, erklärt sie. „Ich will nicht meine ganze Garderobe auswechseln und mich darauf ausruhen, dass ich jetzt über 50 bin.“ Ihre zweite Lebenshälfte füllt sie mit vielen Abenteuern, gerade sucht sie nach einem Wohnmobil für ihre Reisen. „Ich habe 2019 sogar bewusst meinen Sohn gebeten, mit 21 Jahren auszuziehen. Da musste ich einiges an Shitstorm aushalten. Männer dürfen machen, was sie wollen. Der Vater war weg, darüber redete niemand. Ich war von Geburt an für ihn da und bin es noch, aber das ist jetzt meine Zeit.“


Ob ihr Schönheit wichtig ist?

„Ja“, sagt Nana ganz klar. „Aber da geht es nicht um mein Erscheinungsbild und ich stelle mich auch nicht auf die Waage. Ich faste, weil ich dann in der Birne glasklar bin – und mich wohlfühle, wenn ich in meine Klamotten reinpasse.“



„Ich stand ständig unter Strom.“


Schönheit ist für @mrsimperfection Corinna Juranek sozusagen essenziell. Die Wienerin ist unter anderem Model – und zwar mit wunderschönen ungefärbten grauen Haaren. Das Leben der Mutter zweier Söhne begann sich mit etwa Mitte 40 zu verändern, den Aha-Moment hatte aber auch sie erst im Nachhinein. „Mir kam Social Media sehr zugute: Es ermöglichte einen Austausch in einer Community mit Frauen in meinem Alter während der Pandemie, als es gar nicht leicht war, eine Frauenärztin zu finden“, erzählt sie. Lange war sie bei männlichen Gynäkologen, nun wünschte sie sich ein offenes Frauenohr. Die Schlafprobleme und Stimmungsschwankungen kamen schleichend, die Alarmglocken schrillten, „als mein Haarausfall extrem wurde. Ich hatte immer dickes Haar und es wurde so schlimm, dass ich Sorge hatte, ich verliere sie alle“, beschreibt sie. „Ich habe mir eine Frauenärztin gewünscht, die das nicht einfach abtut.“



„Mir kam Social Media sehr zugute: Es ermöglichte einen Austausch in einer Community mit Frauen in meinem Alter.” Corinna Juranek


Hinzu kam, dass ihre Nägel schlagartig brüchig wurden und sich ihre Libido dermaßen verstärkte, „dass es regelrecht belastend war im Alltag. Ich stand ständig unter Strom.“ Und dann folgt die Enttäuschung: „Die Frauenärztin, die ich fand, behandelte ihre Patientinnen fast wie am Fließband – und sagte sofort: Ich verschreibe keine Hormone.“

Glück im Unglück, findet Corinna heute, so kam sie in die Menopause-Beratung im Krankenhaus Hietzing (Wien) – „zum tollsten Team überhaupt“. „Ich kenne genug Frauen, die es mit Alternativen versuchen, auch auf Social Media gibt es fast wie zwei Lager, aber ich bin heute heilfroh über meine Hormonersatztherapie. Mein Wohlbefinden hat sich um 180 Grad gedreht, mir geht es richtig gut.“


Bei den meisten Themen des „Älterwerdens“ wählt Corinna gerne den Mittelweg. Trotz ihres Modeljobs will sie sich nicht zu viel mit dem Äußeren beschäftigen, sie verwendet aber durchaus Produkte, die auf die Lebensphase abgestimmt sind, oder nimmt ab und an Nahrungsergänzungsmittel, nachdem sie sich genau informiert hat, was darin enthalten ist. Das Wording spielt für sie dabei eine bedeutende Rolle: kein „anti-aging“, sondern „pro-aging“.

Wenn Corinna bis heute noch manchmal damit struggelt, dass der terminreiche Tag quasi zu wenig Stunden für genügend Schlaf hat, so achtet sie aber auf ihre Ernährung – gutes Gemüse, Obst und Kräuter sind der Kern ihres Businesses Farm.now – und sie veränderte auch die Art ihrer Bewegungseinheiten. „Ich war immer viel laufen. Jetzt verlege ich den Fokus etwas mehr in Richtung Krafttraining und Yoga.“ Am meisten ärgert es sie, wenn es heißt: „Das ist halt so im Wechsel, damit muss man sich abfinden.“ Ihre Herzensbotschaft: Frauen brauchen mehr Gehör.



Der Stress, die Psyche und der Wechsel


Mehr Gehör finden Frauen glücklicherweise in der Praxis von Dr. Ingrid Eysn, die im myGiulia-Interview erklärt, welche Rolle Stress und die Psyche im Zusammenhang mit dem Wechsel spielen, wie sich der Hormonstatus im Laufe des Lebens verändert und dass man sehr wohl viel fürs körperliche und geistig-emotionale Wohlbefinden in dieser Zeit – auch selbst – tun kann.



Welchen Einfluss hat unser psychisches Wohlbefinden auf den Körper?

Stress jeglicher Art – negative Emotionen, Traumata, körperliche oder seelische Überlastung – hat eine direkte Auswirkung auf unsere Stressachse und die Stresshormonfreisetzung. Überlasten wir über Jahre dieses System, fehlt es sozusagen an einer anderen Stelle an Hormonen. Das kann zu „Fehlfunktionen“ und Beschwerden etwa bei Fortpflanzung, Zuckerstoffwechsel oder Konzentration führen. Eine kurzzeitige, oftmals notwendige Anpassung an Stress ist physiologisch und halte ich für unproblematisch, langfristig kann das jedoch krank machen. Leider wird häufig nur am „End-Organ“– also körperliche Beschwerden und Schmerzen – therapiert und nicht an der eigentlichen, oftmals psychischen Ursache.



Portrait-Foto von Dr. Ingrid Eysn I Ärztin Mayrlife Medical Health Resort I Wechseljahre und Hormone I myGiulia
Dr. Ingrid Eysn, Ärztin im „Mayrlife“ Medical Health Resort in Altaussee / © Mayrklinik

Wie beeinflussen uns die Hormone im Laufe der Jahre?


Das ist eine Frage für zehn Bücher. (lacht) Die verschiedenen Abschnitte im Lebenszyklus einer Frau sind durch veränderte Hormonspiegel geprägt. Das beginnt bei der kindlichen Entwicklung und geht über die Pubertät und die Veränderung des weiblichen Körpers bis hin zu den verschiedenen Phasen der Menopause (prä-, peri- und post-). Auch innerhalb des monatlichen Zyklus hat der variierende Hormonspiegel Auswirkungen auf Stimmung, Schlaf, Essverhalten oder Haut. Diese Veränderungen sind eigentlich ein toller Spiegel für uns Frauen, Innenschau zu halten und zu spüren, wie unsere Ernährung und unser Stresslevel im Monat davor waren. Übrigens werden auch Männer durch unsere hormonellen Schwankungen beeinflusst: etwa durch Pheromone, das sind Sexuallockstoffe, die während des Eisprungs der Frau für die Anziehung von Artgenossen verantwortlich sind und aphrodisierend wirken. Diese können durch die Pille unterdrückt oder verfälscht sein, das kann wiederum das Lustempfinden beeinträchtigen.


Der Schulmedizin fehlen oft die Sicht und die Zeit auf das Ganze: auf das Zusammenspiel von Körper und Psyche. Alle drei großen Medizinschulen – also auch die traditionelle chinesische und die ayurvedische – eint aber die wichtige Bedeutung der Ernährung und Lebensoptimierung.



„Die Midlife sollte keine Crisis sein, sondern oft ein Neustart und sogar ein Aufruf zur Veränderung.” Dr. Ingrid Eysn


Wann und weshalb sollte man einen Hormonstatus machen lassen?


Jederzeit bei Problemen. Das können plötzliche Gewichtsveränderung, unregelmäßige Zyklen, Unfruchtbarkeit oder Anzeichen von Menopause sein: Hitzewallungen, Herzrasen, Mood Swings, Schlaf- und Hautprobleme oder plötzlicher Haarwuchs an „neuen“ Stellen. Prinzipiell empfehle ich jeder Frau, Anfang oder Mitte 40 einen Hormonstatus machen zu lassen. Daran kann man ablesen, ob die Balance der Hormone noch gegeben ist oder erste „Wechselanzeichen“ sichtbar sind. Bereits Ende 30 können Progesteronmangel-Symptome trotz regelmäßiger Zyklen auftreten; der Wechsel ist für gewöhnlich eine längere Lebensphase, die sich bis zu 15 Jahre hinziehen kann.



„Beim genussvollen Altern geht es vor allem darum, sich in seinen Bedürfnissen wahrzunehmen.” Dr. Ingrid Eysn


Was passiert dabei, was kann frau tun, damit die „Umstellung“ möglichst gut über die Bühne geht?


Früher galt eine Frau mit 50 als „betagt“: Die Wechselbeschwerden waren als Teil des Alterns akzeptiert bzw. tabuisiert. Heute ist eine 50-Jährige auch biologisch viel jünger und sie steht mitten im Leben. Die Midlife sollte keine Crisis sein, sondern oft ein Neustart und sogar ein Aufruf zur Veränderung. Aber: Der Abfall des Hormonspiegels bzw. hormonelle Veränderungen können enorme Beschwerden hervorrufen. Sie reichen von Gelenkproblemen über Depressionen bis hin zur Histaminunverträglichkeit. Zumeist ist der Übergang von der Prä- in die Perimenopause ein schleichender Prozess. Als die eigentliche Menopause wird die allerletzte Blutung – auf die mindestens ein Jahr keine Blutung mehr folgt – bezeichnet. Im Durchschnitt erreichen sie Frauen zwischen 52 und 55 Jahren.


Es hilft, sich damit auseinanderzusetzen, wo man steht, um den eigenen Körper zu verstehen, und sich darüber zu informieren, welche Lebensmittel und Lifehacks die Bildung bzw. Aufrechterhaltung von Progesteron und Östrogen fördern. Man muss sich die Frage stellen: Wo stehe ich? Bin ich empfindlicher bei Stress und Schlafentzug, vertrage ich Alkohol, Zucker und Kaffee schlechter?



Was kann man zur Linderung belastender Symptome tun?


Man kann beispielsweise auf leberunterstützende Maßnahmen wie Detoxen oder eben die Mayrkur setzen, die fehlende Blutung als monatliche „Reinigungsmöglichkeit“ kann man durch Entlastungstage ersetzen. Es unterstützen bei dem Prozess Tees und Phytotherapeutika beispielsweise mit Mönchspfeffer, Traubensilberkerze, Rotklee oder Salbei – oder eben angeleitetes Fasten. Dies alles kann bei Hitzewallungen und anderen typischen Beschwerden Abhilfe schaffen. Über die Ernährung ist es gut, sich mit ausreichend Proteinen, Omega-3-Fettsäuren, B-Vitaminen, Vitamin D3 und Magnesium zu versorgen. Ich empfehle durchaus auch erstklassige, geprüfte Supplemente zuzuführen.


Der weibliche Körper stellt die Hormonproduktion nie ganz ein, aber das Progesteron wird durch den fehlenden Eisprung verknappt. (Zur Erklärung: Das Gelbkörperhormon Progesteron wird bei stattfindendem Eisprung ausgeschüttet, es sorgt für die Erhaltung einer etwaigen Schwangerschaft, und leitet durch sein Absinken gegen Zyklusende die Monatsblutung ein.) Das Progesteron fehlt uns im Alltag sehr: für einen guten Schlaf, zur Entspannung, für die Konzentration und die gute Stimmung. Leider wird aber gerade das von vielen Ärzt*innen nicht ersetzt, sondern lediglich das Östrogen. Das kann zu einer einseitigen Hormonsituation führen: der Östrogendominanz, die wiederum viele unangenehme Beschwerden wie Brustspannen, Schilddrüsenunterfunktion, Depressionen etc. mit sich bringen kann.


Die oft noch immer bestehende Brustkrebsangst bei Einnahme von Hormonen rührt aus einer Zeit, in der durch die Verabreichung von Östrogenderivaten – also dem Körper nicht identen Hormonen – in einigen Fällen etwa Brustkrebserkrankungen getriggert wurden. Dieser Dorn sitzt natürlich tief und bedarf einer umfassenden und individuellen Aufklärung.



„Das hormonelle Auf und Ab gleicht nicht selten einer Achterbahnfahrt: Zwischen verminderter Libido und befreiter Lust ist alles möglich.” Dr. Ingrid Eysn


Wie sieht es aktuell aus?


Heute kann man mit bioidenten Hormonen viel „natürlicher“ helfen – selbstverständlich stets in Absprache mit der behandelnden Ärztin oder dem Arzt. Eine hormonelle Balance ist auch wichtig, denn nach der Menopause steigt das Risiko, an Herz-Kreislauferkrankungen, erhöhtem Cholesterin, hohem Blutdruck, Schilddrüsenunterfunktion zu erkranken. Die Ärztin Sheila de Liz bringt in ihrem Buch „Woman on Fire“ einen Hauch Hollywood in die Sache und vergleicht unsere drei „Hormondarstellerinnen“ mit „Charlie’s Angels“: Demnach entspricht die sportlich relaxte Cameron Diaz dem Progesteron, das entwässert und entspannt, die energische Lucy Liu steht für das Testosteron und somit für die Libido und die Durchsetzungskraft, und die kuschelige, verträumte Drew Barrymore stellt das Östrogen dar: Weiblichkeit und Emotionalität pur. Freilich macht es die Kombi aus. Zuerst geht unser Progesteron, und unser Östrogen unterliegt oft heftigen Schwankungen. Während der Wechseljahre überwiegt in vielen Fällen tendenziell das Testosteron und die Frau kommt nach jahrelanger selbstloser Versorgung „in die Puschen“ (sie wird aktiv, Anm.). Weiterbildung, neuer Job und Trennungen kommen in der neuen Lebensphase nicht von ungefähr.



„Es braucht einen wachsameren Blick für eine bessere geschlechtergerechte Versorgung, Prävention sowie Therapie von Erkrankungen, also eine geschlechtssensible Medizin von allen Seiten.” Dr. Ingrid Eysn


Sexualität und Körpergefühl: Was können wir Frauen tun, um möglichst genussvoll zu altern?


Das hormonelle Auf und Ab gleicht nicht selten einer Achterbahnfahrt: Zwischen verminderter Libido und befreiter Lust ist alles möglich. Das Schamgefühl der 20er und die Unsicherheiten dem eigenen Körper gegenüber sind genauso weg, wie die „Zwangsjacke“ Familienpflichten; das in Relation erhöhte Testosteron treibt die Frau oft raus aus dem östrogengeschwängerten „Versorgermodus“ und leitet eine Neuorientierung ein. Frauen können besser zu sich stehen, wissen, was sie wollen und nicht mehr wollen – und können auch die eigene Lust hemmungsloser leben.

Beim genussvollen Altern geht es vor allem darum, sich in seinen Bedürfnissen wahrzunehmen. Laut und bestimmt Nein zu Dingen und Situationen sagen, die nicht mehr passen, und mutig Ja zu Neuem, Inspirierendem und Wohltuendem. Oftmals verändert sich auch der Umgang mit dem Körper, gesunde Ernährung, Bewegung und Tanz werden wichtiger, die Frau steht zu ihrer Weiblichkeit und schlüpft vielleicht sogar leichter in ein Kleid – und tut sich gern mit anderen Frauen zusammen.


Gut sind regelmäßige Entlastungs- bzw. Detoxtage: der monatliche Zyklus ist ja auch eine Chance der körperlichen Reinigung, für Rückzug und Innenschau. Am besten „cycelt“ frau nach der rhythmisierten Lebensphase einfach mit dem Mond weiter: Vollmond entspricht dem ersten Zyklustag, danach folgen Loslassen und Entgiften mit dem abnehmenden Mond, dann in die Kraft kommen – höhere Belastbarkeit und zyklusgerechtes Trainieren – und bei zunehmendem Mond achtet man wieder mehr auf sich: weniger Zucker, Alkohol, Kaffee etc.



Körper einer Frau I Wechseljahre und Hormone I Menopause I Frauengesundheit I Foto von Janosch Lino I myGiulia
Foto: Janosch Lino

„Lange galt der Männerkörper als Maß aller Dinge. Erst langsam kommt das Verständnis, dass Frauen oft ganz andere Symptome haben.” Dr. Ingrid Eysn


Frauen, ihr Körper und ihre Seele in der Medizin: Wie blicken Sie in die Zukunft?


Lange galt der Männerkörper als Maß aller Dinge. Erst langsam kommt das Verständnis, dass Frauen oft ganz andere Symptome haben. Ein Beispiel: Der Herzinfarkt macht sich bei einem Mann zumeist durch Enge in der Brust und ein Ziehen im linken Arm bemerkbar, bei einer Frau häufig durch Übelkeit und Bauchschmerzen. Es braucht einen wachsameren Blick für eine bessere geschlechtergerechte Versorgung, Prävention sowie Therapie von Erkrankungen, also eine geschlechtssensible Medizin von allen Seiten. Männer und Frauen haben unterschiedliche Bedürfnisse, reagieren unterschiedlich auf Therapien und Medikamente – alleine schon durch die unterschiedliche Verteilung der Geschlechtshormone und unterschiedliche Feinbauweise der Organe.


So ist der weibliche Körper während des Menstruationszyklus unterschiedlich belastbar und reagiert unterschiedlich auf äußere Einflüsse. Im Idealfall wird der Trainingsplan von Sportlerinnen darauf abgestimmt. Aber bis dato wird jungen Athletinnen oft die Pille verschrieben, um sie den Männern „gleich belastbar“ zu machen. Das kann auch gesundheitliche Folgen haben, wenn das Präparat etwa nicht vertragen wird.


Ich mache gerade einen 21-Tage-Meditationskurs mit Deepak Chopra zum Thema

„Aktiviere das göttlich Weibliche in Dir“ – übrigens für uns alle, auch mein Partner macht mit. In der Gesellschaft waren die weiblichen Energien lange von den männlichen Energien überschattet und sind es teilweise noch. Das Weibliche verbindet man mit Kreativität, Nähren, Mitgefühl, Liebe und Weisheit, aber diese Eigenschaften sind jedem Geschlecht eigen. Wir haben heute die Chance mehr denn je, diese Dualität zu überwinden und die weibliche Kraft in uns allen zu aktivieren.



 

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Wir lieben es, Frauen medial sichtbar zu machen und wählen unsere Interviewpartner*innen und Themen immer aus Überzeugung, unabhängig und in Absprache mit unseren Journalist*innen aus. Unsere Interviews und Artikel sind niemals bezahlt, keine der Marken hat uns dazu beauftragt.


 

Unsere Autorin

Foto von Viktória Kery-Erdélyi in rosa Zimmer I Journalistin I myGiulia

Viktória Kery-Erdélyi wurde in Ungarn geboren und kam mit zehn Jahren nach Österreich. Sie studierte Theater-, Film- und Medienwissenschaft. In ihrer Diplomarbeit befasste sie sich mit den Geschlechterverhältnissen bei Marivaux und stellte die Frage: „Sie sagen, Sie sind nur eine Frau, was wollen Sie denn Besseres sein?“ Nach 10 Jahren als Redakteurin bei der Tageszeitung Kurier wechselte sie als freiberufliche Journalistin in die Magazinbranche. Ihre Arbeit zeichnet sich durch viel Feingefühl aus. Viki sagt: „Jede Begegnung mit Menschen, die mir über ihr Leben erzählen und beschreiben, wofür sie brennen, ist ein Geschenk und ich bemühe mich, mit Demut vor dem geschriebenen Wort ihre Geschichten festzuhalten.“


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