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Die Sehnsucht nach dem Guten – Marlis Gross-Söchstls Weg zum nachhaltigen Genuss-Startup

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TEXT & INTERVIEW: CHRISTINE KLIMASCHKA


Claudia Riha | Mini Markt | Business | Unternehmerin | Wien | Markt | Jenia Symonds de Montfort | myGiulia
Gründerin Marlis Groess-Söchstl auf einem Pimientos Feld in Spanien

Vor kurzem hat die Bloggerin Max Laurenz folgenden Satz gepostet: „What I eat today is the body tomorrow.” Klare Ansage. Wie nachhaltig man seine Gesundheit und letztlich seine Lebenserwartung durch die Nahrung beeinflussen kann, ist Inhalt zahlloser wissenschaftlicher Publikationen und schon lange kein Geheimwissen mehr. In der Lebensgeschichte von Marlis Gross-Söchstl gibt es zwischen Nahrung und der Auswirkung auf ihr Leben noch einen anderen kausalen Zusammenhang, denn sie hat ihr Faible für Genuss und „echte” Lebensmittel zu ihrem beruflichen Lebensmittelpunkt gemacht. Nach ihrer Karriere als erfolgreiche Bankerin hat sie noch einmal ganz von vorne angefangen und das Genusslabel „Gute Sachen” gegründet. Anstatt den Kopf und die Hände in dicken Berichten und dünnem Papier zu versenken, prüft sie im Olivenhain die Qualität der bio-zertifizierten Ölfrüchte noch an den Zweigen.


Du bist, was du isst


Mit uns sprach Marlis über die Höhen und Tiefen eines ambitionierten Lebensmittel-Startups in einer schwierigen Branche. Denn einem in Österreich gleichbleibend hohen Anteil verkaufter Bio-Lebensmittelprodukte steht im Nahrungsmittelbereich – mit deutlicher Tendenz nach oben – der Trend zu Convenienceprodukten gegenüber.


Eine meiner Lieblingsbands beginnt ihren Song „Kompliment“ mit folgender Textzeile: „Wenn man so will, bist du das Ziel einer langen Reise …“ Mir scheint, das passt sehr gut zu dir und deinem Leben. Was macht eine erfolgreiche Bankerin in einem spanischen Olivenhain?


Das ist eine gute Frage und manchmal frage ich mich das auch… Ausschlaggebend für meinen Neubeginn waren mehrere Dinge. Ganz stark getrieben hat mich der Wunsch, am Jahresende etwas anderes als Papier in der Hand zu halten, ein Produkt, das einfach greifbar ist. 

Ich komme aus einem kleinen landwirtschaftlichen Mischbetrieb mit Schwerpunkt auf Wein und fand es immer toll, im November den ersten jungen Wein zu riechen und zu schmecken und mit meinen Eltern darüber zu sprechen. Das habe ich im Banking total vermisst und die Sehnsucht danach ist immer größer geworden. 

Dann hatte ich immer schon ein Faible für gutes Essen und Genuss, ganz stark geprägt von meinen Aufenthalten in Frankreich und Spanien. Da hatte ich immer das Glück, Familien und Freunde kennenzulernen, für die das genauso wichtig war. Und ich habe das dann auch, als ich wieder in Österreich war, so weitergelebt und meine Familie und Freunde damit angesteckt.

Noch während meiner Banking-Zeit habe ich ein Masterstudium zum Thema Sustainability & CSR-Management gemacht und habe da das Thema Lebensmittel zu meinem Schwerpunkt gemacht. Ich habe dabei ganz stark gespürt, dass ich einen Beitrag leisten will für genussvolle und gesunde Produkte, die ganz natürlich – im Einklang mit der Natur, ohne Chemie – hergestellt werden.


So ist die Idee zu meinen Guten Sachen entstanden. Ich wollte hochwertige Bio-Delikatessen aus den Ländern, in denen ich gelebt habe und die mir alle ein Stück Heimat bedeuten, in Österreich in meiner Genuss-Boutique zusammenführen und anbieten. Ich kenne alle meine Hersteller persönlich, viele sind mittlerweile sehr gute Freunde geworden und ich besuche sie auch regelmäßig. Und da machen wir dann immer einen Abstecher auf die Felder und in die Olivenhaine.


Marlis Gross Söchstl Olivenhain
Marlis Gross Söchstl im Olivenhain mit einem ihrer Produzenten

Für mich gilt „Du bist, was du isst” und wir haben eine Verantwortung uns selbst und unserem Körper gegenüber sowie natürlich auch gegenüber unserer Umwelt. 


Was hat diese Neuorientierung mit deinem Leben und dir als Mensch gemacht?


Es war ein Sprung ins eiskalte Wasser – einen guten Management-Job aufzugeben und in einer anderen Branche komplett neu zu beginnen, war – rückwirkend gesagt – sehr idealistisch…

Zu Beginn war ich natürlich voller Enthusiasmus, Schwung und Elan, aber sehr bald musste ich erkennen, dass die Uhren in der Branche einfach anders ticken und die Herausforderungen sehr vielfältig sind. Das fängt bei der Bio-Zertifizierungsprüfung an und geht bis zur Logistik und einem damals fehlenden Netzwerk. 


Mein Leben war zu Beginn völlig auf den Kopf gestellt: Es gab Tage, da wusste ich gar nicht, wo ich anfangen soll, und wie ich das Leben mit meinem Startup meistern soll. Ich war voller Selbstzweifel und ging durch Höhen und Tiefen, die ich ohne meinen Mann nicht durchgestanden hätte… Meine Lernkurve war sehr steil!


Mittlerweile bin ich in einem etwas ruhigeren Fahrwasser und kann mit vielen Themen und Problemen schon viel besser umgehen. Ich liebe den Kontakt zu meinen Kund*innen und es macht mir großen Spaß, über meine Produkte und Hersteller zu erzählen und mich auszutauschen. Mein Startup hat mich ganz bestimmt zu einem noch bewussteren Menschen gemacht, was natürliche Lebensmittelerzeugung, genussvolle und gesunde Ernährung betrifft und ich fühl mich auch ein bisschen dafür verantwortlich, dem Essen wieder einen Wert zu geben und die Menschen davon zu überzeugen, dass es Spaß macht, selber zu kochen und gemeinsam zu genießen. Gute Sachen ist für mich einfach ein Ort des Genusses.





Auf jeder Reise besuche ich auch immer neue Produzenten und probiere neue lokale Spezialitäten aus und so wächst mein Sortiment kontinuierlich.


Wie und wo findet Marlis (ganz wichtig: immer ohne e) all die guten Sachen für ihr Sortiment?


Gestartet habe ich mit den Produkten, die ich mir selbst immer aus Spanien und Frankreich mitgenommen habe bzw. hier in Österreich auch in meiner Küche verwende… Ich kenne viele Hersteller persönlich und sie haben auch immer sehr wertvolle Tipps für mich. Auf jeder Reise besuche ich auch immer neue Produzenten und probiere neue lokale Spezialitäten aus und so wächst mein Sortiment kontinuierlich.


Hat Genuss im Jahr 2024 auch etwas mit Verantwortung zu tun? 


Für mich auf jeden Fall. In einer Welt der industriellen Lebensmittelproduktion, von Fast Food und Convenience Food haben Lebensmittel und gemeinsames Kochen leider ganz stark an Wert verloren. Für mich war noch vor dem Start ganz klar, dass ich nur bio-zertifizierte Produkte verkaufen und nur „natürliche” Lebensmittel anbieten möchte. Es heißt ja Lebens-Mittel – food matters! Für mich gilt „Du bist, was du isst” und wir haben eine Verantwortung uns selbst und unserem Körper gegenüber sowie natürlich auch gegenüber unserer Umwelt. 


Marlis beim Testen der Olivenöle in Spanien
Marlis beim Testen der Olivenöle in Spanien

Viele kleine Businesses, auch von Frauen, haben es gerade besonders schwer. Wie geht es dir, was läuft gut, was sind die Schwierigkeiten? 


2024 ist tatsächlich ein sehr herausforderndes Jahr, sowohl wirtschaftlich, gesellschaftlich als auch emotional. Das trifft mich natürlich auch. Ich versuche, das positiv zu meistern. Ich habe heuer viele sehr schöne Kontakte geknüpft, meinen Showroom in Breitenbrunn eröffnet und mein Sortiment fein abgerundet – das bereitet mir viel Freude und ich hoffe und arbeite daran, dass sich das auch in meinem Unternehmen widerspiegelt.



 


Eine Auswahl unserer Lieblingprodukte von Gute Sachen







 


*Kooperation | Mitglied auf der Piazza

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